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27.08.2006, 21:29 Uhr
Faxi
Forumsmitglied
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oder: Das 24-Stunden-Chaos oder: Der nicht ganz zustandegekommene Autokauf oder: Hamburg – Hannover, die Strecke der Hölle oder: Nur für User ohne Angst vor Buchstaben
Moin!
Konnte mich nicht zwischen den Betreffs entscheiden. Hier also ein Reisebericht von Faxis Samstag.
Sachverhalt: Faxis Deckel zum Topf, der von Willi irgendwie total passenderweise auf „Faxinator“ getauft wurde, (den Namen werde ich im Bericht auch verwenden) kaufte über Ebay ein Auto. Einen Chrysler Voyager Plymouth (das ist so toll zu schreiben ). Standort in Hamburg, ca. 700 Kilometer von hier aus. Verkäufer machte tolle Bilder des Fahrzeuges und bestätigte telefonisch immer wieder, in was für einem tollen Zustand das Auto doch sei (bis auf eine Dulle in der Heckklappe und bissel Lackverlust auf der Stoßstange), und wie viele Neuteile... der Traum. Dazu die nagelneue Gasanlage, einfach Spitze. Verkäufer hat eine Kfz-Werkstatt, das war dann das Ausschlaggebende für den Kauf. Der Mann ist ein Profi.
Faxinator und Faxi beschließen am Samstag von Stuttgart nach Hamburg zu fliegen, sich dort vom Verkäufer abholen zu lassen und mit dem neuen Auto nach einem Abstecher nach Holland wieder nach Hause zu fahren. Gesagt getan.
Früh morgens am Flughafen Stuttgart, kleine Probleme in der Sicherheitskontrolle, Bei Faxinator piepst es heftig. Faxi wird auch erst mal verhört, weil sie einen Rucksack voller Kabel mit sich herumträgt... „Das sind zwei Navis, paar GPS-Mäuse, diverse Ladegeräte und Elektronikschrott... alles totaaal harmlos, Herr Sicherheitsbeamter!“ Faxinator muss immer mehr Sachen ausziehen, bis endlich die Quelle des Piepsens gefunden wird: Das Gerät war nicht ganz von der Sicherheit der Sicherheitsschuhe mit Stahlkappen überzeugt. Schließlich aber doch freier Durchlass.
Der Flug wird übersprungen. Unspektakulär und magenumdrehend. Ankunft in Hamburg und Faxis totale Enttäuschung, dass der Flughafen ja nicht wirklich anders als der Stuttgarter aussieht. Verkäufer wartet wie verabredet um halb neun auf uns und wir laufen in Richtung Parkdeck, wo der Chrysler steht. Erster Eindruck: bissel dreckig.
Der Verkäufer öffnet die Tür und Faxi muss sich spontan wegdrehen. Ich bin wirklich nicht gerade zimperlich, was Schmutz angeht. Axel ist auch öfters mal etwas staubig und Axel, der Erste konnte auch schon mal eine Müllhalde sein. Aber so eine schmutziges Auto hab ich noch nie gesehen. Und der Geruch erst. Der Chrysler stank nach einem sehr großen verwesenden Tier. Dazu fleckige Sitzbezüge, total fettige Fenster und alles war irgendwie schmierig. Man reiche mir desinfizierte Tücher. Während der halbstündigen Fahrt zur Kfz-Werkstatt mit so wenig Luft holen wie nur möglich hat Faxi schon ein sehr ungutes Gefühl, was das Fahrzeug angeht.
Und wirklich: Der Verkäufer verkündet strahlend, dass er es noch nicht geschafft hat, die Gasanlage eintragen zu lassen. Hallo? Deswegen haben wir das Auto gekauft...
Irgendeinem Gefühl folgend, lässt Faxinator die Vorderreifen demontieren. Allgemeines Entsetzen. Ich bin zwar Faxi, aber ich weiß wie eine Bremsscheibe aussieht, bzw. auszusehen hat. So jedenfalls nicht:

Die breiten Linien sind mehrere millimetertiefe Kerben. Irgendwie verursacht von den Bremsbelägen. Keiner der Umstehenden hat so etwas jemals gesehen. Faxinator: brüll, tob, fluch, zeter. Der Werkstatts-Azubi muss nach Kiel fahren, und neue Scheiben und Beläge holen. Where the fuck is Kiel? Der Kerl war zwei Stunden unterwegs.
Zwei Stunden, in denen Faxi allen Mechanikern im Weg stand oder mit ungebändigter Neugier nervös machte, fast in den Ölgraben fiel, Hamburgerisch lernte (Moin!) und die seltsamen Leute beobachtete. Es tauchten immer mehr Menschen in der Werkstatt auf, ungefähr zwölf polnische Männer so stämmig wie Baumstämme, die wohl alle dazugehörten. Jeder bastelte, schraubte, hämmerte irgendwo und Faxi stellte wilde Theorien über eine Polen-Mafia auf. Es tauchten auch noch einige Mängel am Fahrzeug auf, die sofort noch vom fluchenden Verkäufer beseitigt werden mussten. Aber man braucht halt doch einen funktionierenden Zigarettenanzünder, wenn man das Navi dort anschließen muss.
Schließlich kam endlich der Bremsensatz an, eingebaut... und dann ging die Feilscherei los. Faxinator: brüll, tob, zeter. Verkäufer: argumentier, beschwichtig, jammer, fauch. Schließlich hatten wir einen Anzahlungsbetrag, der uns angemessen erschien, und einen Kaufvertrag abgeschlossen. Natürlich mit entsprechenden Klauseln und Absicherungen (Mein Spezialgebiet ) Wir hatten nämlich beschlossen, den Wagen vorläufig mitzunehmen, um auch irgendwie wieder nach Hause zu kommen, aber wenn der Verkäufer sich nächste Woche nicht noch richtig reinhängt, damit wir die Eintragung der Gasanlage regeln können, muss er das Fahrzeug gegen Rückerstattung der Anzahlung wieder abholen.
Es war kein wirklich netter Abschied um kurz nach 12. Nächstes Ziel: Hannover. Bei Ebay ersteigerte Reifen und Felgen abholen. Vorher aber noch Stop bei einem Supermarkt. Sagrotan, Wunderbäume und Trinken holen. Mit der ersten und einzigen festen Nahrung des Tages (Döner macht schöner) erst mal provisorisch die fettigen Fensterinnenseiten gereinigt und die vier Duftbäume mit Tannenholzgeruch aufgehängt. Roch der Chrysler vorher wie ein großes, totes, verwesendes Tier, so roch er jetzt wie ein großes, totes, verwesendes Tier im Wald. Faxinators glorreiche Idee: Rauchen. So qualmten wir als Nichtraucherautos-Befürworter den Chrysler voll und konnten gleich viel besser durchatmen.
Autobahn nach Hannover. Stau. Sehr viel Stau. Ungefähr 20 Kilometer. Faxi singt: „Hoch auf dem Ami-Wagen“ erntet aber nur genervte Blicke von der Seite. Faxi zappelt, Faxi flucht, Faxi schläft, Faxi putzt die Armaturen mit Sagrotan. Zwei Stunden später eine Ausfahrt. Runter in die nächste Ortschaft beim nächsten Aldi Nord (!) vorbei. Nochmal Trinken holen und auch was zum Grillen für das Autotreffen in Holland. Wir waren noch nicht mal ganz in Hamburg. Nächste Autobahn-Auffahrt, Stau hatte sich gelöst. Freie Fahrt bis Allertal. Gastank ist leer, aber dort gibt es laut Internetausdruck eine Gastankstelle beim Allertaler Rasthof. Glatt dran vorbeigefahren. Autobahn runter, paar Mal rechts, wieder rauf. Diesmal den Rasthof angesteuert. Die erste Gastankung. Wie geht das? Ein Typ erklärt uns, dass wir einen Adapter brauchen. Verdammt! Wieder ein Stück nach Hannover, bitterböser Anruf beim Verkäufer, wo denn der Adapter sei. Den gäbe es bei den Tankstellen. Wieder zurück zum Allertaler Rasthof, rein in die Tanke, nach Adapter fragen. Raus zum Auto, Geld holen, wieder rein, Adapter gegen das Geldpfand entgegen nehmen. Bei der Gaszapfsäule: Adapter passt nicht. Wieder rein in die Tanke, Adapter austauschen. Nach einigen Versuchen endlich Gas tanken. Das hat eine Stunde gedauert.
Wieder auf der Autobahn, ertönte das Chrysler-Warnsignal, dass eine Tür nicht richtig geschlossen sei. „Plüng, plüng, plüng“ Dazu spielte die Zentralverriegelung verrückt und verriegelte und entriegelte im Sekundentakt. „Plüng, plüng, plüng, klack, klack, klack“. Alle Türen kontrolliert, die Fahrertür schloss nicht richtig. Unter nervenaufreibenden Plüngs und Klacks weiter. Faxi bricht in hysterisches Lachen aus und kriegt sich sehr lange nicht mehr ein.
Ca. um 18:00 Uhr waren wir in Hannover beim Reifenverkäufer. Wir haben vom Chrysler-Verkäufer fast 6 Stunden gebraucht, dank Stau, Tank und Irrfahrten. Erst mal die Fahrertür angeschaut. Total verzogen. Sie schließt nicht richtig und hat eindeutig mal richtig eine gekriegt. Von wegen „Wagen unfallfrei“. Ein weiterer Brüll, tob, zeter, fluch-Anruf beim Verkäufer. Wir haben die Nase voll und beschließen, dass er den Chrysler nächste Woche wieder abholen soll. Er ist gleich einverstanden, weil ihm die stündlichen Anrufe auch auf die Nerven gehen.
Dieser nicht gerade unauffällig leise Anruf fand auf dem Behindertenparkplatz eines Hannoveranischen Polizeipostens statt. Gleich waren wir umzingelt von Polizisten, die sich aber als Freunde und Helfer herausstellten. Sie fragten nach der Lage und wir erzählten die chaotische Geschichte. Die Polizisten gaben hilfreiche Tipps, falls der Verkäufer sich quer stellen sollte wegen dem Türproblem und baten uns ins Revier. Sie hätten gerade nicht viel zu tun, der Pizzadienst käme erst in einer dreiviertel Stunde und sie würden uns etwas Schriftliches geben, dass die Fahrertür des Chryslers wirklich beschädigt ist. Ich dachte ja erst an einen Hinterhalt, die Beamten waren aber wirklich gut drauf und schrieben uns ein entsprechendes Dokument.
Erst um kurz vor sieben saßen wir wieder im Auto. Eigentlich wäre das nächste Ziel Düsseldorf gewesen. Und von da aus nach Holland, zu diesem Autotreffen, wo unsere Schlafsäcke und unser Abendessen auf uns warteten. Aber wir waren über 5 Stunden später dran als geplant. Nach einigen Überlegungen beschlossen wir gleich nach Hause zu fahren. Auch wegen dem Risiko, falls uns etwas mit dem Chrysler passieren würde. Navi zeigte 4h, 30min als Fahrtzeit an. Wie ermüdend. Am ersten Rasthof. Kaffeepause. Faxi trinkt freiwillig eine XL-Tasse Cappuccino und erzählt auf der Fahrt flache Witze um nicht einzuschlafen.
Um kurz nach neun geht´s nicht mehr. Ausfahrt raus, irgendein Gewerbegebiet. Baumarktparkplatz, Sitze zurück. Schlafen. Mitternacht. Faxi friert. Halb eins. Faxi friert noch viel mehr. Dreiviertel eins, Fahrt zum nächsten Rastplatz. Faxi trinkt freiwillig eine XXL-Tasse Kaffee schwarz. Halb zwei, Faxi hat einen Koffeinschock. Labert pausenlos über den Sinn des Lebens und singt laut mit dem Radio um die Wette.
Halb vier. Faxi kriegt gerade noch ein halbes Auge auf. Ankunft zu Hause. Gerade mit Niedersinken auf´s Kissen gehen alle Wecker los. Vor 24 Stunden waren wir aufgestanden.
24 Stunden Chaos. Eigentlich umsonst. Aber ich muss sagen, dass sich der Chrysler sehr gut als Reiseauto bewährt hat. Dem Plüngen und Klacken haben wir mit einem Kieselstein im Kontakt ein Ende bereitet. Tempomat, Klima, Gasanlage, alles funktioniert super. Eigentlich schon ein tolles Auto. Trotzdem würde ich Axel nie dafür hergeben.
Faxinator schaut sich jetzt nach einem AX als Winterauto  -- Unvergessen: Axel der Erste, der Beste, der Einzig Wahre Nachgerückt: Axel II, die Blassbacke mit der Superkupplung |